Feuerwehr-Wissen Teil II - Blaulicht und Martinshorn
Immer wieder mal ist in den Medien zu hören, dass sich Menschen über den Einsatz - zumeist den nächtlichen - von Martinshorn bei Feuerwehren oder Rettungsdiensten beschweren. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass das Geheule der Sirenen unserer Fahrzeuge nicht unbedingt eine akustische Wohltat ist. Warum wir aber auf die Verwendung von Martinshorn (auch nachts) meist nicht verzichten können und dürfen, wird im Folgenden erklärt.
Auf deutschen Straßen gilt die Straßenverkehrsordnung (StVO) für alle Verkehrsteilnehmer. Sie legt die Verkehrsregeln fest wie z. B. die Bedeutung von Verkehrsschildern oder dass im Grundsatz der Vorfahrt hat, der von rechts kommt. Die StVO soll dafür sorgen, dass alle sicher an ihr Ziel gelangen, auch wenn die Fahrt dafür etwas länger dauern kann. Dieser Zeitverzug ist allerdings bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben einiger Behörden nicht zumutbar. Die StVO sieht daher in § 35 Abs. 1 vor, dass u. a. die Feuerwehren von den Vorschriften der StVO befreit sind, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben dringend geboten ist. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass Feuerwehrangehörige sich nicht an Regeln der StVO halten müssen, wenn es darauf ankommt, dass sie zur Brandbekämpfung oder Hilfeleistung besonders schnell vor Ort sein müssen. Diese Befreiung gilt übrigens auch für Feuerwehrleute, die sich von zu Hause oder der Arbeit etc. aus mit ihrem Privat-Fahrzeug auf den Weg zum Gerätehaus machen. Sie dürfen dann schneller fahren als eigentlich erlaubt, "falsch parken" usw. Hierbei gilt allerdings eine Regel weiterhin: Nach § 35 Abs. 8 StVO dürfen diese Sonderrechte nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. Auch die Feuerwehr muss also bei Einsatzfahrten trotz aller Eile vorsichtig sein und jede übermäßige Gefährdung anderer vermeiden.
Dies leitet über zu Blaulicht und Martinshorn. Diese sind auf Feuerwehrautos installiert und dürfen laut § 38 Abs. 1 S. 1 StVO zusammen nur verwendet werden, wenn "höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden sind, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden ist, flüchtige Personen zu verfolgen sind oder bedeutende Sachwerte zu erhalten sind". Die weitaus meisten unserer Einsätze erfüllen eine oder mehrere dieser Voraussetzungen. Die übrigen Verkehrsteilnehmer haben nach § 38 Abs. 1 S. 2 StVO der Feuerwehr dann sofort freie Bahn zu machen. Wichtig ist hier, dass die StVO vorschreibt, dass die anderen Verkehrsteilnehmer nur freie Bahn zu machen haben, wenn Blaulicht und Martinshorn zusammen verwendet werden. Daher müssen wir das Martinshorn einschalten, um unsere Sonderrechte bei einer Einsatzfahrt wirklich effektiv zur Geltung bringen zu können.
Ein weiterer Grund für die Verwendung von Martinshorn liegt zudem darin, dass es während Sonderrechtsfahrten ein sehr effektives Mittel ist, um Gefährdungen des Verkehrs auszuschließen. Wenn wir z. B. die regulären Vorfahrtsregeln missachten, warnt das Martinshorn Verkehrsteilnehmer rechtzeitig. Wenn also ein Feuerwehrfahrzeug mit Sonderrechten über eine rote Ampel fährt, aber hierbei nicht das Martinshorn verwendet, liegt darin eine vermeidbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Bei einem Unfall müsste sich der Fahrer hierfür verantworten.
Um schnell Hilfe zu leisten, ist es auch nachts unvermeidlich über rote Ampeln zu fahren oder "Rechts-vor-links" zu vermeiden. In diesen Situationen bleibt dem Fahrer nichts anderes übrig als Blaulicht und Martinshorn zusammen zu nutzen, um Gefährdungen zu minimieren. Kein vernünftiger Amtsträger würde zum Schutze der nächtlichen Ruhe das Martinshorn auslassen, wenn er dadurch der StVO zuwiderhandelt und Menschnen vermeidbar gefährdet.
So ärgerlich und störend es manchmal sein mag: Die Verkehrssicherheit geht der Nachtruhe vor und das funktioniert oft nur mit Blaulicht UND Martinshorn. [ml]